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Hört die Signale

Manchmal passiert etwas, und irgendwie hat man das schon vorher geahnt, ohne dass man genau hätte sagen können, warum. Nun wird ja in letzter Zeit vermehrt dazu geraten, auch im Management seiner Intuition zu vertrauen. Da sage ich persönlich nicht ja und nicht nein, sondern finde, es kommt darauf an. Man kann beispielsweise versuchen herauszufinden, auf welche Signale die eigene Intuition denn hört. Und das meine ich ganz wörtlich. Es gibt tatsächlich gar nicht so selten akustische Hinweise darauf, dass etwas nicht stimmt.
Beispiele?
Erstens: Vor Jahren ist mir mal die Festplatte meines Laptops gecrasht. Neulich sitze ich am Schreibtisch und arbeite stillvergnügt vor mich hin, als plötzlich… war nur so ein Gefühl… irgendwas nicht mehr so war, wie es sein sollte. Es hat eine Weile gedauert, bis ich herausfand, dass es sich um das Laufgeräusch meines Rechners handelte. Es hatte sich unmerklich (oder eben nicht, sondern merklich) verändert. Und dieses Geräusch verursachte meinem Unterbewusstsein Gänsehaut. War ihm das doch gleich so bekannt vorgekommen. Rechtzeitig gemerkt, Backup erzeugt, aufgeatmet.
Zweitens: Damals in der Produktion hatten wir einen Tagschichtmeister, der sich besonders gut mit unserer Destillation auskannte. Die neigte nämlich zum „Schaukeln“, physikalisch-chemisch gesehen. War der Herr in Urlaub, liefen alle mit sorgenvollen Gesichtern umher, und meist wurde ihm am Tag seiner Rückkehr direkt die dringend notwendige Wiedereinpendelung ans Herz gelegt. Zu diesem Zweck mussten immer alle die Messwarte verlassen. Irgendwann habe ich ihn gefragt, warum eigentlich. Und da hat er mir erzählt und dann auch gleich demonstriert, dass man es – wenn man die Ohren spitzt und weiß, worauf man achten muss – hören kann, wenn die Anlage richtig läuft, und auch am Geräusch erkennen, wenn nicht. Nur, wenn alle danebenstehen und sich unterhalten, geht das natürlich nicht so gut. In der Folge habe ich herausgefunden, dass in vielen technischen Bereichen die Geräusche, die Geräte von sich geben, von deren Zustand zeugen. Probieren Sie es mal aus: Man kann es tatsächlich hören, dass der Kühlschrank mal wieder abgetaut werden will.
Drittens: Wenn sich im Unternehmen etwas anbahnt, dann kann man auch das hören. Damit meine ich nicht Verlautbarungen, sondern den steigenden Murmellevel auf den Gängen. Aber auch, und zwar lange bevor die Zahlen einem das sagen, die zunehmende Gereiztheit im Ton von Besprechungen, wenn es nicht mehr so rund läuft. Natürlich kann man dann trotzdem warten, bis das sich so ankündigende Ereignis tatsächlich eintritt. Manchmal ist das Eingreifen ja auch gar nicht so einfach. Stellen Sie sich vor, ein Abteilungsleiter kommt zum Vorstand und sagt, irgendwas stimme nicht, er wisse noch nicht so genau, was, aber wenn er so durch die Gänge gehe, könne er hören, dass die Firma seit kurzem anders klingt. Kann gut gehen, muss aber nicht. Eventuell hört man sich in dem Fall auch etwas an und kann am Ton gleich ausmachen, dass da jemand glaubt, man habe einen kleinen Mann im Ohr.
Andererseits, wer hält einen davon ab, auch in einer Besprechung etwas zu sagen wie: „Irgendwie klingen wir alle in letzter Zeit leicht gereizt.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass alle froh sind, zur Sprache bringen zu können, was sie vage oder schon nicht mehr ganz so vage bedrückt, ist ausgesprochen hoch.