Schiller oder Goethe
Tags dieses Artikels:
Ethik, Führung, Paradigmenwechsel, Prozessoptimierung, Selbsterfahrung
Vor ein paar Tagen wies mich eine Leserin freundlich darauf hin, dass ich in meinem Beitrag „Das Prometheus-Syndrom“ das Gedicht mit dem gleichnamigen Protagonisten flugs Schiller angedichtet hatte statt dem eigentlichen Urheber Goethe. Da kann ich nur sagen: Wahr. Nun brauchen Sie gar nicht nachzusehen – wir haben das natürlich gleich repariert, unser Webmaster und ich. Aber peinlich war mir das schon. Zwar ist bei Naturwissenschaftlern klassische Bildung ja irgendwie optional, aber wenn man sich schon hervorwagt, dann doch bitte korrekt. Also Wolkendunst auf mein Haupt. Oder so.
Was war geschehen?
Beim Nachdenken darüber wurde mir klar, dass ich Goethe insgeheim als so eine Art langweiligen Bürokraten eingeordnet habe – ja, ja, ja! obwohl ich den Werther und den Faust gelesen habe. Aber hier ist ja das Un(ter)bewusste am Werk. Fragen Sie jetzt bitte nicht, wie es dazu gekommen ist. Und so ein schmissiges, aufrührerisches Opus wie den Prometheus hatte ich also eher zwischen den Räubern, Wilhelm Tell und Don Carlos eingeordnet. Rein gefühlsmäßig halt.
Nun könnte man ja sagen: Ist doch im Grunde auch egal.
Wenn das nicht allzu oft auch im täglichen Leben so wäre, dass einem die eigenen unbewussten Vorurteile gegenüber Menschen – Mitarbeitern und Kollegen, Freunden, Kindern und so weiter – bei den Urteilen in die Quere kämen. Im Kleinen wie im Großen.
Merken wir uns wirklich, dass der stille Herr aus der Buchhaltung den alles entscheidenden Vorschlag gemacht hat und nicht der hochgelobte High Potential? Glauben wir dem unangenehmen Besserwisser wirklich, dass die (zu uns) freundliche Mitarbeiterin ihn mobbt und Geschichten über seine angebliche Faulheit verbreitet? Können wir uns wirklich vorstellen, dass unsere und nicht die Nachbarstochter den Kleinen von der Schaukel geschubst hat? So wirklich, dass wir es uns auch „innerlich“ merken und es seinen Platz findet in einer bewussten Beurteilung der Situation?
Verify your assumptions – Überprüfe deine Annahmen. Wie oft habe ich das in Trainings schon den Teilnehmern ans Herz gelegt. Und man kann sich gar nicht oft genug klarmachen, dass diese Regel auch und gerade dann gilt, wenn man selbst so sicher ist, dass man gar nicht glaubt, dass es da etwas zu überprüfen gäbe.
Ich sollte wirklich öfter auf mich hören.