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Buchrezension: Bruder Jakobus, Der Weg zu dir selbst – Das kleine Buch des Pilgerns

Diese Neuerscheinung aus dem Herder Verlagshaus versammelt die Gedanken und Berichte einer Pilgergemeinschaft, die sich in zehn Jahresetappen auf den Jakobsweg vom Kloster Beuron an der Donau nach Santiago de Compostela gemacht hat. Dabei ist das Buch allerdings kein Reisebericht im herkömmlichen Sinne. Aufgeteilt in gedankliche und in Tagesabschnitte („Der Morgen – Das Schweigen“, „Der Mittag – Die Krise“, „Der Nachmittag – Das Ziel“), konzentriert es sich, ergänzt durch Fotos und kurze Meditationen, auf die mit den einzelnen Phasen verbundenen Stimmungen und Empfindungen. Eingerahmt werden die kurzen Berichte und Tagebuchausschnitte von den Einsichten und Sichtweisen des Autors, der seit einem Vierteljahrhundert Mitglied der Beuroner Klostergemeinschaft ist und für den die Gotteserfahrung im Mittelpunkt seines Weges stand und steht. In seinen persönlichen Reflektionen und Gedanken wird aus dem Jakobsweg weit mehr als eine Aneinanderreihung langer Tage auf müden Füßen und wenig Raum in der Herberge. Der Pilgerweg wird zum Glaubensweg.
Dem Text ist nicht immer leicht zu folgen, denn die einzelnen Kapitel springen munter zwischen verschiedenen Jahren hin und her. Erst ist man schon in Santiago, dann folgen wieder Abschnitte früherer Etappen. Und auch, dass der Wechsel vom Kapiteltext des Autors zu den Tagebucheintragungen nicht kenntlich gemacht ist, erschwert anfangs die Einordnung. Aber so nach und nach lernt man, die einzelnen Personen in ihren Texten wiederzuerkennen, und es ergibt sich ein geschlossenes Bild. Wie auf dem echten Jakobsweg wird auch hier die vorgegebene äußere Orientierung durch die innere ersetzt, und manchmal muss man sich seinen Weg auch durch das Buch eben suchen.
Der Band wirkt für den Umfang des Projektes schmal, und man denkt zuerst, man werde ihn in ein paar Stunden flott durchlesen. Aber es stellt sich bald heraus, dass die einzelnen Abschnitte zum tieferen Nachdenken anregen und eigene Gefühle und Erinnerungen wecken und dass man das Buch daher das eine oder andere Mal für eine Weile beiseitelegt.
Insgesamt eine lohnende Lektüre, die die innere Be-Weg-ung der Pilgerreise nachvollziehbar und erlebbar macht.